Bourbonengruft im Kloster Kostanjevica

Dieses Wochenende kamen wir bei der Einlösung unseres Hochzeitsgeschenkes für unsere Nachbarn Daniela und Johannes – einer kleinen kulinarischen Slowenien-Rundfahrt – auch beim Kloster Kostanjevica vorbei. Da wir ohnehin in der Gegend waren, wollte ich wieder mal versuchen, in die dortige Bourbonengruft zu gelangen und diesmal hatte ich Glück und sie war tatsächlich offen.

Kloster Kostanjevica bei Nova Gorica. Links die Klosterkirche Mariä Verkündigung, geradeaus der Eingang in das Kloster und die Bourbonengruft

Kostanjevica ist ein Franziskanerkloster auf einem kleinen Hügel in Nova Gorica, der östlichen, slowenischen Seite der Stadt Görz.1 Als Millionen-Euro-Frage einer Quizshow geeignet, liegt in der als „Klein St. Denis“ bezeichneten Gruft des Klosters der letzte König von Frankreich begraben.

Eingang zu „Klein St. Denis“

Das war Karl X., ein jüngerer Bruder der französischen Könige Ludwig XVI. und Ludwig XVIII.

C. X. – Charles (Karl) X. Dahinter der Sarkophag des Herzogs von Angoulême (L. XIX.)

Nach seiner Abdankung in Folge der Julirevolution von 18302 ging er zunächst nach Schottland und von dort weiter nach Österreich, wo er vom österreichischen Kaiser eine Wohnung im Hradschin in Prag zugewiesen bekam. Wegen der Krönungsfeierlichkeiten für Kaiser Ferdinand zum König von Böhmen musste er 1836 Prag verlassen und übersiedelte nach Görz, wo er mit seinem verbliebenen Hof im Palazzo Coronini Cronberg und im Palazzo Strassoldo Quartier bezog. Er verstarb dort bereits 17 Tage nach seiner Ankunft an der Cholera und wurde im nahegelegenem Kloster Kostanjevica bestattet.

H. V. – Henri (Heinrich) V., der Comte de Chambord

Sein ältester Sohn, der Herzog von Angoulême, von französischen Monarchisten Ludwig XIX. genannt, blieb in Görz und verstarb dort einige Jahre später. Er liegt links neben seinem Vater in der Gruft bestattet.3

Gegenüber des Sarkophages von Karl X. befindet sich jener seines Enkels4 Henri, Comte de Chambord. Der Graf von Chambord, von französischen Monarchisten Henri V. genannt, war mit Maria Theresia von Österreich-Este verheiratet, mit der er in Schloss Frohsdorf bei Wiener Neustadt lebte. 1870 hätte er König von Frankreich werden können, wenn er bereit gewesen wäre, den Eid auf die französische Trikolore zu schwören. Mit dem kinderlosen Grafen starb 1883 die einzige5 legitime Hauptlinie der Bourbonen aus.

Feinschmecker-Wochenende mit Daniela und Johannes in Slowenien

Im Kloster Kostanjevica gäbe es auch eine sehenswerte Bibliothek zu besichtigen, doch war diese geschlossen. Keine Ahnung, wann diese jemals geöffnet ist, aber beim nächsten Besuch in Görz können wir es erneut versuchen. Schließlich war es nicht unsere letzte Fahrt in diese für Feinschmecker und Weinliebhaber sehr zu empfehlende Grenzlandschaft zwischen Italien und Slowenien.


  1. Die am Isonzo gelegene Stadt Görz, unter einem Fürsterzbischof einst Hauptstadt der Gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisca, war von 1500 bis 1918 österreichisch, zuletzt als eigenes, kleinstes Kronland der Monarchie. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Stadt italienisch. Nach dem zweiten Weltkrieg bekam Jugoslawien den kleinen östlichen Teil der Stadt zugesprochen, sodass die Staatsgrenze seither durch die Stadt verläuft. Zur interessanten Geschichte der Stadt Görz – heuer übrigens europäische Kulturhauptstadt – mache ich vielleicht mal einen eigenen Blogbeitrag bei einem der nächsten Besuche. ↩︎
  2. Ihm folgte Louis-Philippe aus dem Haus Orléans. Der „Bürgerkönig“ war aber nicht König von Frankreich, sondern „nur“ König der Franzosen. ↩︎
  3. Der Herzog von Angoulême war mit seiner Cousine Marie Thérèse Charlotte von Frankreich verheiratet, dem ältesten Kind von Ludwig XVI. und Marie-Antoinette und einzigem, das die Französische Revolution überlebte. Sie starb 1851 im Schloss Frohsdorf bei Wiener Neustadt und ist ebenfalls in der Bourbonengruft in Kostanjevica bestattet. ↩︎
  4. Er war der Sohn des zweitältesten Sohnes von Karl X., des Duc de Berry, der sieben Monate vor seiner Geburt ermordet wurde. ↩︎
  5. Nachkommen von Ludwig XIV. gibt es heute noch bei den spanischen Bourbonen, die vom Herzog von Anjou, dem späteren König Philip V. von Spanien, einem Enkel Ludwigs XIV., abstammen. Dieser musste aber für den spanischen Königsthron nach dem Spanischen Erbfolgekrieg im Frieden von Utrecht 1714 für sich und seine Nachkommen auf den französischen Königsthron verzichten. Den legitimen Königsanspruch in Frankreich hat daher heute das Haus Orléans, das vom jüngeren Bruder Ludwigs XIV., dem Herzog von Orléans, abstammt. ↩︎
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