Neben den frühchristlichen Basiliken gibt es in Thessaloniki auch jüngere byzantinische Kirchen zu sehen, über die ich heute im zweiten Teil berichten möchte.
Hagia Sophia
Am Übergang zur mittelbyzantinischen Zeit steht die Hagia Sophia. Ich meine natürlich die in Thessaloniki. Anders als in Istanbul ist diese seit 1912 sogar wieder eine Kirche.1

Das im 7. Jahrhundert erbaute dreischiffige Gotteshaus hat bereits die später übliche Grundform einer Kreuzkuppelkirche.2 In der Apsis wurde zwischen 787 und 797 ein Mosaik der Jungfrau Maria3 mit dem Kind (sogenannte „Theotokos“) angebracht4. Die Kuppel zeigt wie in orthodoxen Kirchen üblich eine Darstellung des Christos Pantokrator, hier zusammen mit den Aposteln.




Panagia Chalkeon
In mittel- und vor allem spätbyzantinischer Zeit wurden die Kirchen erheblich kleiner. Die Kirche Panagia Chalkeon (Παναγία των Χαλκέων5) ist eine solche kleinere mittelbyzantinische Kirche aus dem 11. Jahrhundert. Die aus Backsteinen errichtete Kreuzkuppelkirche mit drei Kuppeln6 wird derzeit allerdings restauriert und ist, wenngleich offen, nicht wirklich zu besichtigen.
Kirche der Heiligen Apostel




Wer sich zur Zeit als Ersatz etwas Vergleichbares ansehen will, dem empfehlen wir auf die spätbyzantinische Kirche der Heiligen Apostel (Ναός Αγίων Αποστόλων) auszuweichen, auch eine Kreuzkuppelkirche aus Backstein und zwar aus dem 14. Jahrhundert.7 Die schönen Mosaike und Fresken im Innenraum sollten so wie die ganze Kirche ebenfalls restauriert werden. Überhaupt wirken diese kleinen orthodoxen Kirchen immer sehr unaufgeräumt mit viel herumstehenden Gerümpel.
Hagios Nikolaos Orfanos
Zum Abschluss möchte ich noch von einem ganz besonderen byzantinischen Juwel berichten, nämlich der Kirche Hagios Nikolaos Orfanos (Άγιος Νικόλαος Ορφανός). Die heute nur mehr sehr kleine Kirche befindet sich in einem von außen kaum einzusehenden Garten in der früher vor allem türkisch bewohnten Oberstadt von Thessaloniki. Sie ist nicht weit vom angeblichen Geburtshaus Atatürks entfernt und am besten mit dem Taxi zu erreichen (in Thessaloniki nicht teuer).

Sie wurde im 14. Jahrhundert als Hauptkirche eines Klosters errichtet. Vom einstigen Kloster existieren allerdings nur mehr zwei Säulen vom Eingangstor.8
Die Kirche ist im Inneren noch fast vollständig mit Fresken eines heute unbekannten Meisters aus der Gründungszeit der Kirche um 1310-1320 ausgemalt und folgt dem klassischen Bilderschmuck-Konzept in der Darstellung des Lebens Marias und Jesus sowie von Kirchenvätern und anderen Heiligen. Wenngleich natürlich nicht so bedeutend, erinnerte sie uns ein wenig an die Fresken der Chora-Kirche in Istanbul aus der Zeit der paläologischen Renaissance (siehe Blogbeitrag vom 17. September 2024). Und das will was heißen.



- Kunstgeschichtlich bedeutende Kirchen mit dem Namen Hagia Sophia gibt es in der Türkei neben Istanbul auch noch in Trapzon (dem früheren Trapezunt) und İznik (dem früheren Nicäa, dort wo vor genau 1700 Jahren das berühmte Konzil stattfand). Auch die beiden letzten wurden von der türkischen Regierung Erdoğan von Museen unlängst wieder in Moscheen umgebaut und lohnen derzeit keine Besichtigung. Vor allem um jene in Trapzon ist schade. ↩︎
- Eine Kreuzkuppelkirche ist eine typische Form des byzantinischen Kirchenbaues und wird im gesamten Bereich der orthodoxen Kirchen bis heute gepflegt. Bei einer solchen Kirche ist der zentrale Gebetsraum („Naos“) ein quadratischer Raum mit vier eingestellten Säulen (oder zwei Säulen und zwei Pfeilern), die vier in der Gestalt eines griechischen Kreuzes angeordnete Tonnengewölbe und darüber in der Mitte eine Kuppel tragen. ↩︎
- Panagia (griechisch Παναγία, „die Allheilige“, „die Ganzheilige“) ist eine griechisch-orthodoxe Bezeichnung der Jungfrau Maria. ↩︎
- Altgriechisch: Θεοτόκος Theotókos: Gottesgebärerin. ↩︎
- Auf Deutsch: Jungfrau der Kupferschmiede. ↩︎
- Nämlich eine Zentralkuppel und zwei kleinere Kuppeln über dem Narthex. ↩︎
- Die Kirche ist eine besonders typische Kreuzkuppelkirche mit vier kleineren Kuppeln in den Ecken, einem Narthex in Form einer offenen Vorhalle und drei Apsiden. ↩︎
- Kloster und Kirche wurde vermutlich vom serbischen König Stefan Uroš II. Milutin gestiftet, der mit einer byzantinischen Prinzessin verheiratet war. ↩︎